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Butterweiche Planung ist ihr Honorar nicht wert
Wer den „Sonderfachmann“ einsparen will, riskiert teure Nacharbeiten.
Das ist die Praxis leider oft genug: Der Architekt übernimmt den Auftrag für eine Gebäudeplanung und
schiebt die Fassadenplanung an eine bauausführende Firma weiter.
Was dabei fehlt, sind die konkreten Ausführungsdetails, vor allem eine ordnungsgemäße, vollständige Leistungsbeschreibung. Der Dumme ist bei solchen butterweichen Planungen immer der Bauherr.
Er bekommt, obwohl er einen Rechtsanspruch darauf hat, keine komplette Planung geliefert - mit allen im folgenden Beitrag skizzierten negativen Folgen.
Der hohe Anspruch, der heute an viele Fassaden, vor allem aber an die immer beliebter werdenden Metall-Glasfassaden, gestellt wird, setzt - wie ich in zahllosen gerichtlichen Beweissicherungsmaßnahmen und aus den Ergebnissen ebenso zahlloser gutachterlicher Stellungnahmen als Sachverständiger immer wieder bewiesen bekomme habe - eine Planung voraus, die alle Leistungsphasen der HOAI berücksichtigt.
Der aber in vielen Architekturbüros immer mehr zur Gewohnheit werdende Usus, dem Bauherrn eine „butterweiche“ Planung abzuliefern, reicht dafür nicht aus. Für eine ordnungsgemäß durchgeplante Fassade
müssen die Leistungsphasen nach HOAI komplett abgearbeitet werden, damit der Bauherr sicher sein kann,
daß er keine teuren oder zeitaufwendigen Nachträge und Nacharbeiten in Kauf nehmen muß, die durch eine ungenügende Planung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entstehen. Bedient sich also der Bauherr zur Erfüllung der ihm für die Planung seines Projekts obliegenden und ihm nach HOAI auch zuzuordnenden Aufgaben eines bauplanenden Architekten oder eines Beratenden Ingenieurs
(des oft so gescholtenen, sogenannten „Sonderfachmanns“), dann muß er seine Mitwirkungsverpflichtung gegenüber dem bauausführenden Unternehmer auch voll erfüllen; der Bauherr muß dem Unternehmer also brauchbare Pläne und Ausführungsunterlagen, insbesondere aber auch eine ordnungsgemäße, vollständige Leistungsbeschreibung zur Verfügung stellen, und zwar in der letztlich für die Ausführung maßgebenden Fassung.
Der Architekt oder Beratende Ingenieur, der die Pflichten des Bauherren von diesem vertraglich übernommen hat, haftet somit letztendlich für eine nicht fachgerechte Ausschreibung, die aus einer nicht fachgerechten und nicht zufriedenstellenden Ausführungsplanung resultiert. Sehr vom Übel ist es dabei, wenn, was gelegentlich vorkommen soll, der Architekt, um keinen - angeblich teuren - Sonderfachmann einschalten zu müssen,
für die Erledigung seines Auftrages fassadenunternehmerisches Wissen bemüht. Denn auch dann muß eine ganz konkrete Leistungsbeschreibung für eine qualifizierte Ausführungsplanung vorliegen, damit dem bauausführenden Unternehmer keine ungewöhnlichen und unfairen Risiken entstehen. Abgesehen von einem erheblichen Zeitaufwand für den Architekten durch das Hinzuziehen verschiedenster Ansprechpartner für die unterschiedlichsten Gewerke hat der Bauherr nachweislich den Nachteil, daß die Kostenoptimierung für das Gewerk Fassade auf der Strecke bleibt, denn die Unternehmensberater der Industrie legen logischerweise nicht die notwendige Neutralität an den Tag, da sie die Lobby ihrer Unternehmen vertreten.
Aber auch dann muß der Architekt dafür sorgen, daß eine schlüssige Ausführungsplanung und Leistungsbeschreibung vorliegt. Fazit: Bei einer ordnungsgemäßen Planung dürfen dem Unternehmer keine Aufgaben oktroyiert werden, die eigentlich der Planung und Bauvorbereitung obliegen und sich, je nach der Kompliziertheit der Fassadenkonstruktion, in der ordnungsgemäßen und richtigen Leistungsbeschreibung zu manifestieren haben. Wenn der Bauherr also einen Architekten für die Leistungsphase Ausführungsplanung einschaltet, dann ist es dessen originäre Aufgabe, eine komplette Planung abzuliefern. Wenn dies nicht der
Fall ist, wenn der Fassadenbauer also die Grundüberlegungen im nachhinein übernehmen muß, die das Leistungsbild der Paragraphen 15 Nr. 4 (Genehmigungsplanung) und Nr. 5 (Ausführungsplanung) der HOAI repräsentieren und in die Aufgabenbereiche des Architekten gehören, dann steht dem Fassadenbauer dem Gesetz und der Rechtsprechung nach die Vergütung des Architekten zu - und zwar in der Höhe, die gemäß Paragraph 2 Nr. 9 VOB/B vorgeschrieben ist.
Zwar ist die HOAI in einem solchen Fall nicht unmittelbar anwendbar, sie kann jedoch im Rahmen
der erbrachten Planungsleistung auch vom Unternehmer zugrundegelegt werden.
In einem Rechtsstreit würde das Gericht in der Regel die HOAI zur Honorarfindung heranziehen.
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